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Die
Chinesen lieben Schach - mit Kanonen und Elefanten
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Um
7 Uhr morgens herrscht im Fuxing Park das übliche
Gedränge. Neben Walzer- und Taij-Gruppen beherrschen
Dutzende kleiner Menschentrauben die Anlage. Größtenteils
ältere Männer blicken konzentriert in die
scheinbar leere Mitte ihres Kreises. Beim näheren
Hinsehen kraulen sich dort zwei alte Shanghainesen über
einem verblichenen Spielbrett den Kopf.
Sie spielen "Xiangqi", chinesisches Schach,
und mit ihnen viele Millionen Bewohner Ostasiens. Auf
den ersten Blick ist "Xiangqi" dem westlichen
Schach sehr ähnlich. Zwei Spieler ziehen ihre Figuren
mit dem Ziel, den Gegner matt zu setzen. Es gibt einen
König, der Feldherr heißt, ebenso Bauern,
Türme und Pferde.
"Xiangqi"
hat aber auch Elefanten und Kanonen und einen Fluss
in der Mitte des Brettes, den nicht jede Figur überqueren
kann. Gespielt wird auf einem 9x10 Felder großen
Brett. Die Steine werden auf die Schnittpunkte der Felder
gesetzt.
Das Spiel, vor allem gegen Ende einer Partie, ist dynamischer
als Schach. Die beiden Könige befinden sich stets
in einem 3x3 Felder großen "Palast",
den sie nicht verlassen dürfen. Auch die Elefanten
haben einen begrenzten Aktionsradius. Sie können
den Fluss in der Mitte des Brettes nicht überqueren.

"Xiangqi"
in der Mittagspause |
Die
größte Besonderheit des chinesischen Schachs
und strategisch ausnehmend wichtig ist die Kanone. Sie
darf als einzige Figur über eigene oder fremde
Steine hinweg schlagen. Sie "schiesst über
den Berg" sagt der Chinese. Einer der besonders
gut schiessen kann, und das seit mehr als 40 Jahren,
ist Hu Ronghua. Der 58jährige gilt als der Bobby
Fischer des "Xiangqi". Mit 15 gewann er seine
erste Weltmeisterschaft und ging anschließend
10 Jahre hintereinander als Champion vom Brett.
Seit mehr als 800 Jahren existieren die Regeln in der
heutigen Form. Eine unüberschaubare Anzahl an Lehrbüchern
ist in dieser Zeit entstanden. Da Spielprotokolle aus
dem 13. Jahrhundert erhalten sind, lassen sich somit
historische Begegnungen auch heute noch analysieren
und nachspielen. Und das zu jeder Tages- und Nachzeit.
Natürlich auch morgen früh wieder um 7.00
Uhr im Fuxing Park.
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©
oliver l. radtke 2003, letzte änderung: 09/10/03 |
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